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Eltern können entscheidend zu Frieden und Gewaltfreiheit beitragen –

Eine Erinnerung an die Kraft bewusster Elternschaft

Dieser Artikel ist erschienen in: "unerzogen" (tologo), 2018

2017 initiierte die amerikanische Schauspielerin Alyssa Milano die Aktion „Me Too“: Über Twitter forderte sie Frauen zur Wortmeldung auf, die sexuelle Gewalterfahrungen gemacht hatten. Hunderttausende Posts waren die Folge. Sexuelle Nötigung ist alltäglich. Naomi Aldort macht sich darüber Gedanken, und lädt erneut zu bewusstem Elternsein sein. 

Mein Eindruck ist, dass praktisch jede Frau heutzutage zumindest schon einmal sexuell belästigt worden ist; dass aber nur jene, die sexuellen Missbrauch erlebt haben, tatsächlich öffentlich darüber sprechen. Ich habe mit beiden „Parteien“ Mitgefühl – mit den geschändeten Frauen und auch mit den angeklagten Männern. Ja, auch mit den Männern; genauso wie ich mit aggressiven Erscheinungsformen bei Kindern Mitgefühl habe.

 

Lasst die Masken fallen

 

Was ich in der öffentlichen Wahrnehmung jedoch vermisse, ist die Diskussion über den „leiseren“, nicht so greifbaren Missbrauch von Frauen – ja beinah jeder Frau. Nämlich ihre Freiheit betreffend, sie selbst zu sein. Ihre Freiheit betreffend, die Mütter sein zu können und zu dürfen, die sie sein möchten. Väter sind an diesen Umständen oft nicht ganz unbeteiligt: Häufig übernehmen sie nicht ihren 50%-Anteil an der Elternschaft, ja manchmal stellen sie sich den Müttern sogar in den Weg und leben – unbewusst – patriarchisch-gefärbte Beziehungen. Die Befreiung der Frauen wird sich aber nur vollständig vollziehen, wenn beide – Frauen wie Männer – die alten Geschlechterbilder und- rollen, die über tausende von Jahren kultiviert worden sind, hinter sich lassen. (Ich möchte hier nur kurz erwähnen, dass vor allem die landwirtschaftliche Revolution hierarchische Strukturen, Kriege und Krankheiten mit sich brachte.)

 

Ich bin davon überzeugt: Wenn Männer sich erst einmal befreit haben von dem althergebrachten Bild, das ihnen ihre Freiheit und ihren Wunsch zu fühlen und sich zu verbinden verleidet, werden sie auf ganz natürliche Weise die volle Verantwortung für ihren Part in der Elternschaft übernehmen: nämlich einerseits zu nähren und andererseits weiter zu lernen und zu wachsen. Gleichzeitig allerdings müssen die Frauen – wenn sie wirklich frei sein wollen – ihre Passivität aufgeben, ihre Abhängigkeit und manchmal auch Unfähigkeit, sich als gleichwürdig zu erkennen und zu behaupten. Das Ergebnis jahrhundertlanger Indoktrination. Weibliche wie männliche Rollenbilder sind schlicht und ergreifend Erfindungen und gewiss keine von der Natur gegebenen Phänomene.

 

Die Generationen-Prägung

 

Es gibt immer mehr Paare, die eine gleichberechtigte Partnerschaft leben. Sie dürfen dann Zeugen der transformierenden Prozesse werden, die stattfinden, wenn alte Vorstellungen keine Macht mehr haben. In solchen Familien sehe ich zärtliche und nährende Männer und Frauen, die junge Menschen in ihrem Wachsen begleiten, ohne ihnen Geschlechterbilder und Konzepte mitzugeben; dabei sehe ich auch Qualitäten wie Stärke und Führungsbereitschaft und -kompetenz sowohl bei Jungen wie auch bei Mädchen; außerdem Zärtlichkeit, Zugang zu und Ausdruck von Gefühlen sowie Kreativität. Diese erfreuliche Entwicklung dient als inspirierende Grundlage für die nachkommenden Generationen.

 

Andererseits spielen viele Mütter und Väter immer noch das Machtspiel des Patriarchats. Wenn wir allerdings nicht endlich damit aufhören, werden die Folgegenerationen nur weiter an Ungleichheit leiden. Die Aufgabe von Eltern ist es, sich selbst menschenwürdig zu verhalten und den ihnen anvertrauten jungen Menschen zu zeigen, was es bedeutet, einander Wertschätzung für ihre Einzigartigkeit entgegenbringen; ohne ihnen künstlich erschaffene Konzepte von Getrenntsein mitzugeben. Das bedeutet einerseits, diese Gleichheit selbst zu leben, und verlangt andererseits den festen Willen, jegliche Art von Stereotypien zu vermeiden (Geschlecht, Rasse, Religion, Nationalität, etc.). Männer und Frauen werden immer das bleiben, was sie sind eben Männer und Frauen, aber ohne die künstlich erschaffenen, beschränkenden und ihnen zugeschriebenen Charaktereigenschaften und Aufgaben.

 

Friede auf allen Ebenen

 

Ein Weg, um Frieden zu schaffen, ist das Weglassen von Herrschaft und Rangordnung auf allen Ebenen. Das wiederum wird in Folge auch die Ausbeutung dieses Planeten beenden. Die Zerstörung unserer Erde kann schließlich nur von einer Kultur als „in Ordnung“ eingestuft werden, die in Herrschaftsstrukturen denkt und lebt; von einer Kultur, die bestimmte Wesen, Geschlechter, Rassen, Nationen als wertvoller betrachtet als andere; von einer Kultur, die nicht begreift, dass es ohne die Erde kein Leben gibt – für niemanden. Tatsächlich ist Verbundenheit der Weg zum Frieden. Wenn wir beginnen, Frauen und Kinder als vollwertige Mitglieder zu sehen und gleichberechtigt teilhaben zu lassen, können Phänomene wie Vorherrschaft und Ausgrenzung verabschiedet werden. Und wenn dieser Schritt getan ist, ist es nur allzu nachvollziehbar, dass die Erde auch ein Teil von uns ist. Getrenntheit ist ein selbsterschaffenes Konzept, die Quelle von fast allen Kämpfen auf diesem wunderbaren und wundersamen Planeten.

 

Das Loslassen von Konzepten

 

Eckhart Tolle sagte: „Wann immer du dich einem anderen über- oder unterlegen fühlst, geht es ausschließlich um dein Ego.“ Ego – das bedeutet einfach eine Ansammlung von Gedanken. Und Gedanken können die Illusion von Getrenntsein und somit von Hierarchie und Vorherrschaft erzeugen. Ich möchte Eltern einladen, bewusst und überzeugt zu leben und ihren Söhnen und Töchtern dadurch nahezubringen, was es bedeutet, ein bewusstes Leben als bewusster Mensch zu führen. Nämlich: alle Wesen, alles Leben, alle Menschen einzuschließen, ohne „wir und die anderen“ oder irgendeine Form von „wir sind besser oder schlechter als andere“. Das bedeutet aber eben nicht, das Kind vollzupumpen mit Ideen darüber, wie besonders es ist. Das Kind ist in sich ein Wunder, so wie jeder andere auch. Wenn Kinder so aufwachsen, dass sie das Wunder in sich selbst sehen sowie auch in jedem anderen, dann werden sie eine Gesellschaft miterschaffen, die alle Menschen mit Ehrfurcht und Liebe umfängt und feiert; eine Gesellschaft, die ohne die Unterscheidung von Rechten oder Rollen auskommt, welche auf Konzepten basieren.  

 

Human being – and nothing else

 

Also beginne ich mit mir selbst: Wenn ich reise und Vorträge halte, dann treffe ich immer wieder Menschen, die mich „festnageln“ möchten, mir also eine bestimmte Nationalität oder andere Attribute zuschreiben wollen. Ich pflege dann zu sagen: „Ich bin ein menschliches Wesen vom Planet Erde.“ Indem ich mich schlicht und ergreifend nur als menschliches Wesen bezeichne, lade ich Verbindung, Verbundenheit und Gemeinsamkeit ein. Ich sage damit, dass ich ein Teil von dir bin, von uns, von diesem Planeten. Ein Teil der Menschheitsfamilie. 

 

Begleitet eure Kinder so, dass sie ihre Identität nicht aus einer Trennung von „ich und du“ beziehen, aus „wir und die anderen“; begleitet sie so, dass sie sich eins fühlen mit allen Menschen, mit der Erde, mit dem Universum. Dass sie sich nicht identifizieren mit einer bestimmten Familie, Gruppe, Religion, Land, Nationalität. Begleitet sie so, dass sie sich als Teil der „Gemeinschaft der Menschen“ sehen, ohne künstliche Grenzen zu ziehen wie es schon John Lennon in seinem Lied „Imagine“ erträumte:

 

 

Imagine there's no countries
It isn't hard to do
Nothing to kill or die for
And no religion, too

Imagine all the people
Living life in peace

 


You, you may say I'm a dreamer
But I'm not the only one
I hope someday you will join us
And the world will be as one

Imagine no possessions
I wonder if you can
No need for greed or hunger
A brotherhood of man

Imagine all the people
Sharing all the world

You, you may say I'm a dreamer
But I'm not the only one
I hope someday you will join us
And the world will live as one

 

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